Absolut verbotene Handelspraktiken
"Schwarze Liste" – Anhang I FWBG

Anhang I des Faire-Wettbewerbsbedingungen-Gesetzes (FWBG) nennt Praktiken, die unter allen Umständen verboten sind. Sie dürfen auch nicht vertraglich vereinbart werden. Sie sind nichtig, ungültig und für den Käufer strafbar.

Die Verbote im Überblick (Anhang I FWBG)

  1. Zahlungsfristen überschreiten (30/60 Tage)
    Zahlt der Käufer später als die nachstehenden Fristen, ist das immer unzulässig. Maßgeblich ist, ob eine regelmäßige Lieferung vereinbart ist und ob es sich um verderbliche oder sonstige Agrar-/Lebensmittelerzeugnisse handelt. Mit „Festlegung des zu zahlenden Betrags“ ist der Zeitpunkt gemeint, zu dem der endgültige Rechnungsbetrag feststeht, etwa nach Mengen-, Qualitäts- oder Preisfeststellungen.

    (a) Regelmäßige Lieferung
    Bei regelmäßiger Lieferung muss der Käufer bei verderblichen Erzeugnissen spätestens innerhalb von 30 Tagen zahlen, gerechnet ab dem späteren der beiden Zeitpunkte: Ende des vereinbarten Lieferzeitraums, in dem geliefert wurde, oder Festlegung des zu zahlenden Betrags für diesen Zeitraum. Bei sonstigen Erzeugnissen beträgt die zulässige Zahlungsfrist höchstens 60 Tage, ebenfalls ab dem späteren der beiden Zeitpunkte. Für die Berechnung wird dabei stets unterstellt, dass vereinbarte Lieferzeiträume einen Monat nicht überschreiten.

    (b) Keine regelmäßige Lieferung
    Ist keine regelmäßige Lieferung vereinbart, muss der Käufer bei verderblichen Erzeugnissen spätestens innerhalb von 30 Tagen zahlen, gerechnet ab dem späteren der beiden Zeitpunkte: Tag der Lieferung oder Festlegung des zu zahlenden Betrags. Bei sonstigen Erzeugnissen gilt dafür eine Frist von höchstens 60 Tagen, wiederum ab dem späteren der beiden Zeitpunkte.

    Sonderfall: Käufer legt den Betrag fest (zum Beispiel Gutschrift/Selbstfakturierung)
    Legt der Käufer den zahlbaren Betrag fest, beginnt die Zahlungsfrist bei regelmäßiger Lieferung mit dem Ende des Lieferzeitraums. Bei nicht regelmäßiger Lieferung beginnt sie mit dem Tag der Lieferung.

    Ergebnis
    Werden die 30- oder 60-Tage-Grenzen überschritten, liegt unabhängig von abweichenden Vertragsklauseln eine verbotene Handelspraktik vor.

  2. Kurzfristige Stornierung verderblicher Erzeugnisse
    Bestellungen verderblicher Waren so knapp vor Lieferung zu stornieren, dass eine zumutbare alternative Vermarktung/Verwendung nicht mehr möglich ist, ist verboten. Weniger als 30 Tage vor Lieferung gilt in jedem Fall als kurzfristig

  3. Einseitige Vertragsänderungen
    Der Käufer darf allein keine Bedingungen einer Liefervereinbarung ändern – etwa Häufigkeit, Methode, Ort, Zeitpunkt oder Umfang der Lieferung, Qualitätsstandards, Zahlungsbedingungen oder Preise. Gleiches gilt im Hinblick auf bestimmte Dienstleistungen (siehe Anhang II FWBG).

  4. Zahlungen ohne Bezug zum Verkauf verlangen
    Der Käufer darf keine Entgelte fordern, die nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf der Produkte des Lieferanten stehen. 

  5. Verluste ohne Verschulden abwälzen
    Der Käufer darf keine Zahlung verlangen, wenn Qualitätsminderungen oder Verluste erst in seinen Räumen oder nach Eigentumsübergang eingetreten sind und den Lieferanten kein Verschulden trifft. 

  6. Schriftliche Bestätigung verweigern
    Verlangt der Lieferant eine schriftliche Bestätigung der Lieferbedingungen, darf der Käufer diese nicht verweigern. Ausnahme: Lieferungen von Mitgliedern an Erzeugerorganisationen/Genossenschaften, wenn deren Satzung gleichwertige Festlegungen enthält. 

  7. Geschäftsgeheimnisse rechtswidrig erwerben/nutzen/offenlegen
    Der Käufer darf Geschäftsgeheimnisse des Lieferanten nicht rechtswidrig erlangen, verwenden oder offenlegen (gemäß Richtlinie (EU) 2016/943). 

  8. Vergeltungsmaßnahmen („Retaliation“) setzen oder androhen
    Verboten sind kommerzielle Repressalien (oder deren Androhung), weil der Lieferant Rechte geltend macht – beispielsweise eine Beschwerde einreicht oder an Ermittlungen mitwirkt. 

  9. Kosten für Kundenbeschwerden ohne Verschulden verrechnen
    Der Käufer darf keine Entschädigung für die Bearbeitung von Endkunden-Beschwerden verlangen, wenn den Lieferanten weder Fahrlässigkeit noch Vorsatz trifft. 

  10. Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund (bei Machtgefälle)
    Bei wirtschaftlichem Ungleichgewicht dürfen gegenüber gleichwertigen Vertragspartnern keine schlechteren Bedingungen ohne sachliche Rechtfertigung gewährt werden – etwa beim Preis oder bei Zahlungszielen. 

  11. Unzulässige Beschränkung der Selbstvermarktung
    Ohne sachliche Rechtfertigung darf der Käufer vom Lieferanten verderblicher Urprodukte nicht verlangen, dessen (zur Lieferung untergeordnete) Direktvermarktung einzuschränken, wenn die vereinbarte Liefermenge an den Käufer gesichert ist.